Fotos: Klaudia Taday
Crossover Painting / Metafoto.
Martina Ziegler verfolgte nach ihrem Studium der Freien Kunst in Köln und Visueller Kommunikation in Düsseldorf, mit dem Abschluss Diplom Designerin, zunächst eine internationale Karriere als mehrfach prämierte Art- und Creative Directorin. Nach ästhetischer Beschäftigung mit der Welt, wie sie sein sollte, zeigt Martina Ziegler nun, was sein könnte: Seit dem Jahr 2010 widmet sie sich ausschließlich der freien Kunst.
2015 entstand das Konzept der Multiplen Portraits. Im Kern ihres “Crossover Painting“ Ansatzes steht, was ihren Anspruch an Kunst und Werbung vereint: Ein einzigartiges Konzept. Am Anfang steht dabei ein naturalistisch gemaltes Portrait auf Leinwand, bestehend allerdings aus Gesichtsfragmenten verschiedener Personen. Es symbolisiert die unterschiedlichen Seiten des Individuums. Dieses wird digital dekonstruiert, wobei die digitalen “DNA“ Daten der Malerei (als Allegorie zur DNA des Menschen) transformiert und potenziert werden.
Von dem gemalten Urtyp, der “Muttermatrix“, entstehen so eine Vielzahl von “Multiplen“ – und in der Weiterentwicklung – “Abstrakten Portraits“, welche die Künstlerin als “Töchter“ oder “Cousinen“ ihrer Muttermatrix versteht. So entsteht nicht nur eine Verbundenheit zwischen den einzelnen Sujets, sie werden lebendig: Ihre DNA lebt in immer neuen Werken fort.
Künstlerische Ausbildung
Studium: Freie Kunst / Internationale Fachhochschule für Kunst und Design, Köln.
Praktikum: Glasmalerei Henseler, Köln (Restauration von Domfenstern)
Studium: Visuelle Kommunikation / Hochschule Düsseldorf (Grafik Design, Fotografie, Illustration).
Abschluss: Diplom Designerin (1.0)
Art- und Creative Director mit Schwerpunkt Film für Agenturen (künstlerische, europaweite Federführung, Member of the Board).
Diverse Auslandsaufenthalte (mein künstlerisches Thema betreffend – Rollenbilder von Frauen)
Tokio // Erfahrung in einer japanischen Unternehmenskultur.
Istanbul, Izmir // mehrwöchige Zusammenarbeit mit einer türkischen Kreativdirektorin.
Miami, Los Angeles // Zusammenarbeit mit einer US Regisseurin.
Casablanca, Marrakech, Erfoud (Sahara) // mehrwöchiges Filmprojekt in einem islamischen Land. New York // selbstständige Zusammenarbeit mit einer Filmproduzentin.
London, Mailand, Wien, Barcelona, Paris // länderübergreifendes europäisches Filmprojekt.
Zahlreiche Auszeichnungen und Creative Awards für Design, Artwork und Film.
2001 – 2010: freie künstlerische Tätigkeit im Bereich Malerei und experimenteller Grafik. Nebenerwerb als Freelancerin in den Bereichen Design, Mode und Architektur.
Seit 2010: ausschließlich künstlerisch freischaffende Tätigkeit.
Mitglied im Verein der Düsseldorfer Künstlerinnen e.V.
Mitglied im Verein der Düsseldorfer Künstler e.V.
Galerien: Ludwig Kleebolte, Essen / Schmalfuss, Berlin / Sight Galerie und Kunstberatung, Offenbach / Kunst + Co., Amstelveen (NL)
06 / 2023 Teilnahme OpenSpaceGallery, 63 Künstler outdoor, Düsseldorf
05 / 2023 Gruppenausstellung „Abstrakt“, Galerie Michael W. Schmalfuß, Marburg
02 / 2023 Gruppenausstellung „Abstrakt“, Galerie Schmalfuß Contemporary Fine Arts, Berlin
12 / 2022 Teilnahme Heartbreaker Auktion, K21, Düsseldorf
05 / 2022 Teilnahme Heartbreaker Auktion, K21, Düsseldorf
05 / 2022 111 Jahre Düsseldorfer Künstlerinnen, Gruppenausstellung „Kunst am Fluss“, Düsseldorf
03 / 2022 In Motion, Maxim Walkutschik / Martina Ziegler / Polly Habuzin, SIGHT Galerie, Offenbach
02 / 2022 Gruppenausstellung, Kunst + Co., Amstelveen
09 / 2021 Gruppenausstellung der Düsseldorfer Künstlerinnen, „Mission Venusberg“, 250 Jahre Beethoven, Düsseldorf
09 / 2021 Headless, Gruppenausstellung, Galerie Schmalfuß Contemporary Fine Arts, Berlin
01 / 2021 Ausstellung No 7 PhotoPopupFair, Stilwerk Düsseldorf
12 / 2020 Soloausstellung Martina Ziegler. Multiple, Abstracts, Portraits, THE EX GALLERY (ehem.Hans Mayer), Düsseldorf
09 / 2020 Soloausstellung Martina Ziegler. Metafoto. Galerie Ludwig Kleebolte, Essen
11 / 2019 Ausstellung No 6 PhotoPopupFair, Stilwerk Düsseldorf
09 / 2019 Solo Ausstellung Galerie SANDER I SOHN, Düsseldorf, DNA. Multiples become Abstracts
11 / 2018 Ausstellung No 5 PhotoPopupFair, Stilwerk Düsseldorf
12 / 2017 Ausstellung Galerie SANDER I SOHN, Düsseldorf, PORTRAITS: Various Artists
10 / 2017 Ausstellung Kult, Elf im Glashaus, Köln-Bedburg, Multiple and Others
10 / 2016 Solo Ausstellung Villa Löwenburg, Meerbusch, Multiple and Others
05 / 2016 Ausstellung Kunst aus Meerbusch, Teloy Mühle Meerbusch, Malerei
11 / 2016 Ausstellung No 2 PhotoPopupFair, Stilwerk Düsseldorf, Multiple Portraits
05 / 2015 Solo Ausstellung Showroom Blennemann, Düsseldorf, Multiple Portraits
05 / 2015 Ausstellung Kunst aus Meerbusch, Teloy Mühle Lank, Malerei
12 / 2013 Solo Ausstellung Penthouse KWS 166, Düsseldorf, Encounters and Turbans
Alice und Bob, oder und Gott würfelt doch. Vom Phänomen der Verschränkung.*
Ein Begriff, der meine künstlerische Arbeit im Wesentlichen beschreibt, ist die „Verschränkung“.
Dieser Begriff entstammt der Quantenphysik. Dort spricht man von Verschränkung, wenn ein zusammengesetztes physikalisches System als Ganzes betrachtet einen wohldefinierten Zustand einnimmt, ohne dass man auch jedem der Teilsysteme einen eigenen wohldefinierten Zustand zuordnen kann.
Ich habe mich dessen unwissentlich, wenngleich zufällig und intuitiv bedient (denn von Quantenphysik habe ich nun wirklich keine Ahnung) und war erstaunt, wie allegorisch die beiden Methodiken sind.
Am Anfang stand die Idee, meine Malerei mit Digital Painting zu verbinden (und zwar genau in dieser dieser Reihenfolge), um etwas Neues zu schaffen und um mein Interesse an evolutionären Veränderungen durch Einflussnahme künstlerisch auszudrücken und experimentell zu erforschen.
Die mit dem Pinsel auf Leinwand gemalten Portraits, die mir als Grundlage dienen, sind allesamt Malereicollagen aus unterschiedlichen Fragmenten verschiedener Personen. Schon sie bilden eine erste Verschränkung des Prozesses, denn auch hier entsteht im Auge des Betrachters ein neues irreales Portrait aus Teilen von Gesichtern, die teilweise auch aus unterschiedlichen Kulturkreisen stammen.
Durch Scannen des Originals erhalte ich die digitalen Daten meiner Malerei, aus denen ich weitere Portrait-Generationen erschaffe, bis hin zu völlig abstrakten Bildern, die ich weiterhin Portraits nenne, denn das sind sie ja – faktisch betrachtet.
Entgegen der Annahme, ist der erste malerische Schritt technisch analog und konstruiert, dann folgen intuitive, digitale Schritte. Manchmal wechsle ich innerhalb dieser Metamorphose das Medium und kehre zur Leinwand zurück, auf der das Bild dann wiederum übermalt und abfotografiert wird und sich dann erneut und verändert in den Prozess der „Verschränkung“ integriert.
Mein Kunstkonzept verschränkt analoge Malerei mit Digital Painting, um die Malerei „DNA“ zu verändern, zu kodieren und zu transformieren – mit der Absicht, sie als Allegorie zur Evolution des Menschen zu verstehen und als Ausdruck des vielschichtigen, komplexen Individuums mit seinen verschiedenen Rollen innerhalb gesellschaftlicher und sozialer Netze darzustellen.
Bei dieser künstlerischen Transformation ist der Zufall wesentlich, so wie auch in der Verschränkung der Quantenphysik zwischen subjektivem und objektivem Zufall unterschieden wird.
Die Parallele zur Physik entspringt meiner Sehnsucht nach analytischer, philosophischer und logischer Begründung für das Dasein meiner Arbeit und ist gleichzeitig eine Forschungsreise in die Unberechenbarkeit meiner kreativen Doppelhelix aus analoger und digitaler Materie, Intuition und Dekonstruktion, in der das spielerische Momentum des Zufalls eine große Rolle spielt.
In der Quantenphysik heißt es: „Zwei Systeme hängen über grosse Entfernung untrennbar zusammen, unabhängig von Raum und Zeit.“
So gesehen sind die Sujets meiner Arbeit miteinander verbunden und deren „DNA“ lebt in immer neuen Werken fort.
Das künstlerische Ergebnis habe ich Metafoto genannt (lange vor Zuckerbergs „Metaverse“) um zum Ausdruck zu bringen, dass dahinter ein Prozess steht und kein digitales Foto im eigentlichen Sinne. (Sinnverwandtschaften: Metamorphose, Metaebene, Metadatei, Metaziele, Metaphysik, etc.)
Hier eine Definition dazu von Professor Wilfried Korfmacher, HSD Düsseldorf, Peter Behrens School of Arts:
„Der in der Ästhetik bis dato nicht bekannte und gebräuchliche Begriff „Metafoto“ beschreibt einen innovativen Prozess der Bildfindung, bei der die extrem ausgeklügelte, analog und digital verschränkte Methodik der kreativen Bearbeitung die entscheidende Rolle für das künstlerisch einzigartige Ergebnis spielt.“
Umgesetzt werden Metafotos auf verschiedene Arten (C-Print, Leinwand, Fine Art Print auf Bütten oder Dibond, NFT).
Es ist immer ein Original, da die Ursprungsinformationen identisch sind. Dennoch besteht die Möglichkeit der Vervielfältigung, die ich jedoch beschränke (Unikate, Editionen von 3 oder 6 Exemplaren + max. 2 A.P.).
Und manchmal werden sie selbst wieder zur „Muttermatrix“, dann als übermaltes Original.
*Anmerkung zum Titel:
Alice und Bob stehen für zwei verschränkte Photonenteilchen, die selbst über weite Entfernungen miteinander verbunden sind.
Experimente von Anton Zeilinger, dem Nobelpreisträger in Physik 2022, widerlegten das Zitat Einsteins, der als gläubiger Christ die Verschränkung als spukhafte Fernwirkung bezeichnete und sagte: „Gott würfelt nicht“.
Quellen: Wikipedia, „Spukhafte Fernwirkung, denn Gott würfelt nicht“. (Zitat von Albert Einstein) Die Physiker: Niels Bohr, Erwin Schrödinger (der den Begriff „Verschränkung“ erstmals einführte), Werner Heisenberg, und natürlich Anton Zeilinger, der 2022 den Physik Nobelpreis für seine Experimente zum Thema Verschränkung in der Quantenphysik erhielt. ARD Audiothek: Anton Zeilinger – Die zweite Quantenrevolution. Wie Physiker über die Wirklichkeit, den Zufall und die Zukunft denken.
Auszug aus der Ansprache von Professor Korfmacher zur Vernissage der Ausstellung, Martina Ziegler. Metafoto.
METAFOTO
So der Titel dieser Schau. Und so die Bezeichnung, die sie gerade erst gefunden hat, für das, was sie tut.
Als wir in ihrem Atelier darüber sprachen, gefiel mir der Name sofort. Ich schlug ihr vor, ihn als Marke zu verwenden. Und machte ihr ebendiesen Reim darauf:
„Der in der Ästhetik bis dato nicht bekannte und gebräuchliche Begriff „Metafoto” beschreibt einen innovativen Prozess der Bildfindung, bei der die extrem ausgeklügelte, analog und digital verschränkte Methodik der kreativen Bearbeitung die entscheidende Rolle für
das künstlerisch einzigartige Ergebnis spielt.“
Dies nur meine vorläufige Definition für das Patentamt, die Martina aber spontan als ihre Devise wählte.
Was ist das Einzigartige an Martina Zieglers aktuellen Artefakten?
Nun, während die alten Meister ihre Motive in der Regel „nach der Natur” malten, wurde in der Moderne immer mehr der multimediale und experimentelle Prozess zum Gegenstand des künstlerischen Interesses.
Martina Ziegler hat noch nie Abbilder geschaffen. Stets waren die dennoch von ihr so genannten Porträts im Grunde genommen allesamt imaginäre Objekte ihrer schöpferischen Begierde.
Doch während sie vor einigen Jahren beim Malen noch „Gesichter sah“ – und die jeweilige „Persona” in jedem Fall so darstellte, als hätte sie ihr Modell gestanden –, ging sie in der Folge dazu über, ihre idealtypischen Figuren quasi zu „desillusionieren“ und allmählich in völlig freie Figurationen zu verwandeln.
Während manche Künstler zeitlebens bei dem gleichen Thema und der gleichen Technik bleiben, wechseln einige oft scheinbar beliebig von Spielart zu Spielart.
Anderen künstlerischen Karrieren kann man in ihrer evolutionären Entwicklung gewissermaßen wie bei einer lebenslangen Zeitreise zusehen.
Spannend sind die sprunghaften Prozesse!
Ich denke, mich trügt nicht das Gefühl, dass wir in Martinas Zieglers Werk gerade eine regelrechte Revolution verfolgen können – und nichts anderem beiwohnen als einem
QUANTENSPRUNG
Wie wunderbar!
Mit einem Mal gibt sie das idealtypische Antlitz auf als Gegenstand ihres künstlerischen Interesses; und lässt auch die vergleichsweise verstörenden Collagen hinter sich.
Zwar ist die Abstraktion keine neuartige Erfindung.
Neu ist allerdings das Ergebnis, das wir nun betrachten können.
Neu ist, was Martina Ziegler macht mit ihren technisch übrigens gar nicht mal besonders avancierten Möglichkeiten, Bildwelten ganz frei zu konzipieren und zu komponieren.
Neu ist das, weil sie es macht, wie sie es macht. Einen Hinweis gibt sie uns mit ihren Titeln.
Bitte zu beachten: Auch bei ihren scheinbar ungegenständlichen Gemälden spricht sie von PORTRÄTS
Immer noch sieht Martina in jedem Bild ein Gegenüber.
Denn die ursprüngliche Materie, die Matrix, wortwörtlich die „Muttermasse”, aus der heraus sie ihre aktuellen Bildnisse schöpft, besteht aus den digitalen Daten ihrer analogen Gemälde, die sie in traditioneller Manier mit dem Pinsel in Acryl auf Leinwand ausgeführt hat.
Auch die farbigen Streifen oder goldenen Schlieren ihrer abstrakten Werke basieren anscheinend stets auf einem Augenpaar, das Martina wohl magisch fixiert, während sie – wie Alice vor dem Spiegel gleichsam – durch den Bildschirm vor sich hindurchschaut und ihren Träumen mit der Maus am Computer Gestalt gibt.
Was im Nu geschieht, in der kleinsten psychologischen Zeiteinheit also – dem Quantum des Kairos.
Tatsächlich hat niemand jemals ihr Modell gestanden.Ein reales Gegenüber ihrer idolischen „Mütter“ – so nennt sie die malerischen Quellen ihrer virtuellen Schöpfungen – gab und gibt es gar nicht.
Anonyme fotografische Fragmente dienten früher eher als Anregungen denn Vorlagen.
Mittlerweile besteht die eigentliche DNA aus intuitiver malerischer Imagination und digitaler Dekonstruktion.
Und das ist denn auch die magische Doppelhelix der Bildenden Kunst Martina Zieglers.
Metafoto nennt sie ihren Quantensprung.
Und ich zitiere in dem Zusammenhang die, wie gesagt:
„analog und digital verschränkte Methodik“, die dieser Metamorphose meiner Meinung nach zugrunde liegt.
Von ganz besonderer Bedeutung ist dabei der Begriff VERSCHRÄNKUNG.
Er beschreibt eine Idee aus der Quantenphysik.
Von Verschränkung spricht man in dieser mysteriösen Zunft, wenn ein zusammengesetztes physikalisches System, als Ganzes betrachtet einen wohldefinierten Zustand einnimmt, ohne dass man auch jedem der Teilsysteme einen eigenen wohldefinierten Zustand zuordnen kann.
Was genau das bedeutet, lassen wir uns gleich am besten von Ulrich und Martinas Zieglers Tochter Frances erläutern, ihrer liebsten kreativen Trabantin – einer angehenden Naturwisschenschaftlerin.
Hirnforschung? Die Sehrinde gehört ja zum Großhirn!
Lassen Sie Ihren Gedanken also gern freien Lauf beim Lustwandeln durch diese Ausstellung und beim Betrachten der fürwahr aufsehenerregenden Forschungsergebnisse von Martina Ziegler.
Und achten Sie – ich sage bewusst: „mal“ – darauf:
In ihren allerletzten Werken tut sich schon wieder etwas Neues. Hier kommt vielleicht Milla ins Spiel, der Hund der Familie? Ja, was tummelt sich denn da? Papageien, Panther, Affen, Männer gar! Tiere sehen Dich an.
Ich wünsche uns allen einen angenehmen Augenblick.
Professor Wilfried Korfmacher Diplom-Designer Diplom-Psychologe
Bürgermeisterhaus Essen-Werden Galerie Kleebolte
Sonntag, den 6. September 2020
Künstlerischer Ansatz
Mein künstlerisches Konzept der Metafotos ist entstanden aus der Verschränkung intuitiver malerischer Imagination und digitaler Dekonstruktion (“die magische Doppelhelix“). Vereinfacht: Die digitale DNA meiner Malerei wird neu inszeniert.
Begonnen hat dieser Prozess 2015 mit der Serie der Multiplen Portraits, die die Vielschichtigkeit des Menschen mit Hilfe einer vielschichtigen Technik verbindet. Die Intention ist ebenso vielschichtig und komplex, denn immer neue Aspekte fließen in den künstlerischen Gedankenprozess. Es geht um verschiedene Rollenbilder die jeder einnimmt und es geht um Täuschung.
Die Hypothese und die Intention: Evolution findet heute vor allem digital statt. Medien beeinflußen unser Sein durch verändertes Denken. Daraus ergeben sich viele Fragen, die gesellschaftlich, kulturell und strukturell relevant sind.
Wie verändert die Beeinflussung durch die digitalen Medien unser Denken und unser Dasein? Welche Auswirkungen wird künstliche Intelligenz haben? Fragen über Fragen, die es gilt zu erforschen.
Wir wissen, dass es keine Objektivität gibt – damit haben wir uns arrangiert – dennoch gibt es eine Sehnsucht nach Authentizität und Verwirklichung der eigenen Ziele.
Als Frau und Künstlerin beschäftige ich mich deshalb auch vor allem mit dem Thema des “multiplen“ Menschen, in einer Welt, die immer komplizierter wird (besonders Frauen haben gelernt, sehr unterschiedliche Erwartungen zu erfüllen, indem sie verschiedene Rollen einnehmen).
Gerade in der medialen Vielfalt ist jeder permanent Bewertungen ausgesetzt. Perfektionismus wird angestrebt. Nichts ist wie es scheint und die eigene Wahrnehmung kann eine Täuschung sein. Diesen Themen widme ich meine künstlerische Aufmerksamkeit.
Die künstlerische Umsetzung meiner digitalen Kunst ist als Allegorie zu verstehen. Die Ursprungsbilder der Multiples sind irreale Frauenportraits, die diese Rollenbilder repräsentieren. Aus vier oder fünf Gesichtsfragmenten verschiedener Frauen sind die Multiples malerisch so zusammengesetzt, dass sie eine Homogenität vortäuschen (Acryl auf Leinwand) und allesamt den Betrachter in die Irre führen. Es geht nicht um Charakterdarstellungen, sondern um die metaphysischen Ebenen dahinter.
Insgesamt gibt es über 20, teilweise großformatige Malereicollagen als Prototypen, manchmal folgen Übermalungen, die wiederum abfotografiert und erneut in den Prozess eingebunden werden.
Das ist die ursprüngliche Materie, die Matrix, wortwörtlich die “Muttermasse“, die aus den digitalen Daten meiner analogen Gemälde besteht. Die weitere Technik der Metamorphose nenne ich „Crossover Painting“ und unterliegt einem permanenten Prozess des Experimentierens.
So wie das Facettenauge der Fliege eine Vielzahl winziger Ausschnitte wahrnimmt und zu einem neuen Gesamtbild zusammenfügt, entstehen weitere fiktive Portraits und Generationen.
Der Sprung in die Abstraktion, sozusagen ins “Innere der Portraits“, markiert einen weiteren Schritt. Spielerisch, intuitiv ins Innere vordringen, sezieren, verdichten, reduzieren und aus dem “DNA Material“ virtuelle Welten schaffen, die wieder in die Figuration führen, ist mein aktuelles Thema.
Vielleicht hat alles letztlich mit der eher banal klingenden Frage „Woher komme ich und wohin gehe ich?“ zu tun und auch mit der Veränderung der Welt durch Social Media, durch künstliche Intelligenz, Bewertung und extreme Vereinfachung. Diese Fragen beschäftigen mich künstlerisch und in der Entwicklung meiner selbst.
Martina Ziegler, „Multiple, Abstrakte Portraits“ Artikel: Cara Broekmann,
Seit dem Jahr 2011 widmet sich die Künstlerin Martina Ziegler hauptsächlich dem Sujet des Portraits und überzeugt den Betrachtenden hierbei mit ihrer individuellen und vor allem innovativen Technik, mit der sie es schafft, eine ganz neue Sichtweise auf dieses Genre zu vermitteln.
Zieglers Kunst baut auf einem bestimmten Konzept auf, welches alle ihre Werke miteinander verbindet. Sie beschränkt sich nicht nur auf die Malerei, sondern begibt sich im fortlaufenden Prozess ihres Schaffens in eine nächste Ebene, indem sie das Medium der Fotografie integriert.
Beginnend mit einem naturalistischen Portrait auf Leinwand, entsteht hier der „Urtyp“ der „Multiplen Abstrakten Portraits“ – oder auch die „Muttermatrix“genannt.
Ziegler arbeitet collagenartig, indem sie sich Fotofragmente heraussucht, beispielsweise die Augen einer bestimmten Person und diese anschließend malerisch auf die Leinwand überträgt. Das Aufspalten und anschließende, erneute Zusammensetzen der Gesichtsmerkmale, erinnert hier an kubistische Züge. Dieser Schritt wird in Zieglers Schaffensprozess als „Cross-Over“ bezeichnet und verdeutlicht die Verbundenheit der verschiedenen Personen ihrer Portraits miteinander. Dies bedeutet, dass dieselben Augen eines Urtyp-Werkes in einer späteren, deutlich abstrahierten Person wiederzufinden sind. Ziegler bezeichnet diese Werke demzufolge als „Töchter“ oder „Cousinen“ ihrer „Muttermatrix“.
Durch die Zusammensetzung einzelner Fragmente entsteht nicht nur eine neue Ästhetik, sondern auch ein ganz ungewohnter, spiritueller Ansatz. Ziegler verknüpft auf dieser Ebene die analoge Malerei mit der modernen Digitalität. In ihren aktuelleren Arbeiten sind daher kaum noch Leinwände zu finden, sondern hauptsächlich digitalisierte Portraits, die hochauflösend als C Prints gedruckt und unter Glas präsentiert werden.
Sie selbst beschreibt dieses Konzept als eine „Verschränkung intuitiver malerischer Imagination und digitaler Dekonstruktion“. So entstehen unter anderem auch die Begriffe „die magische Doppelhelix“ und das „Metafoto“, welche den Kerngedanken Zieglers Arbeiten beschreiben. Gerade der Neologismus „Metafoto“ verbirgt eine spannende Vorstellung. Er verdeutlicht zum einen den Prozess der Metamorphose – also der Verwandlung des bisherigen Seins in einen neuartigen Zustand – und veranschaulicht zum anderen die extrem ausgeklügelte, analog und digital verschränkte Methodik der kreativen Bearbeitung ihrer Werke.
Trotz der starken Abstrahierung bei diesem Prozess, bleiben die Portraits bestehen.
Dieser Ansatz zeigt nicht nur die Vielschichtigkeit Zieglers Technik, sondern auch die ihres visionären und kreativen Denkens. Es geht in ihren Werken vor allem um verschiedene Rollenbilder, die jeder von uns einnimmt – um die eigene Identität, um Täuschung und getäuscht werden. Wer sind wir und woher kommen wir? Und in welcher Verbindung stehen wir zueinander? Diese fundamentalen Fragen gibt die Künstlerin den Betrachtenden zu Beginn ihrer Ausstellung mit auf den Weg und regt somit zum Denken über das eigene Bewusstsein, die innere und die äußere Wahrnehmung an.
| Die Kunst der Martina Ziegler Text: Dr. Dagmar Täube, Kunsthistorikerin (artcura)
Das Bild des Menschen hat die Künstler von jeher interessiert. Dabei spiegelt es das herrschende Weltbild ebenso wie die Auseinandersetzung mit den inneren Gemütsregungen. In diesem Sinne gibt es wohl kaum ein anderes Motiv, das sich so vielschichtig durch die Jahrhunderte präsentiert. Es ist heute wie zu jeder anderen Zeit gleichermaßen aktuell und wird immer wieder neu erfunden.
Eng damit verknüpft ist zugleich das Thema der Schönheit, die ebenfalls in unterschiedlichen Zeiten immer wieder anders und neu bewertet wurde, aber stets auch eine große Rolle spielte.
In diesem thematischen Umfeld bewegt sich auch Martina Ziegler. Die Darstellung von Frauenbildern, auch in der Begegnung mit historischen Hintergründen aus Kunst und Literatur, sind zu ihrem zentralen Thema geworden. Mit jeder neuen Werkgruppe taucht sie tiefer in diese Arbeit ein und entwickelt es weiter. Dabei geht sie ihren ganz eigenen Weg und schafft neue Einsichten. Besonders wichtig ist ihr das künstlerische Ringen mit dem Sujet. Dies schafft sie auf der soliden Basis feinster Malerei, aber auch mit dem Einsatz neuester technischer Mittel, die jedoch nie zum Selbstzweck werden. Die künstlerische wie menschliche Tiefe, die daraus entsteht, findet der Betrachter in ihren Werken wieder. Auf den ersten Blick sind alle Figuren fast makellos schön und dennoch wirken sie nicht oberflächlich. Dort, wo sie aufgelöst und neu zusammengesetzt wurden, ergänzt der Betrachter selbst diese Schönheit als Ganzes. Es umgibt die Figuren zuweilen etwas Gedankenverlorenes oder Mystisches, selten etwas Heiteres.
Die Turbanbilder erinnern an die klassische Malerei großer Meister. Hier setzt sich Martina Ziegler mit subtiler Ausstrahlung auseinander. Sie schafft Bilder von zeitloser Ästhetik und großer Eindringlichkeit. Ausgewogene, ebenmäßige Züge und harmonische Farbwirkungen bestimmen die Darstellungen. Gemeinsam ist ihnen eine starke Intensität. Die Figur nimmt Augenkontakt zum Betrachter auf, ohne etwas von sich zu verraten. So wird der Betrachter angeregt, sich selbst mit dem Sujet auseinanderzusetzen und darüberhinaus auch mittels des Bildes in sich selbst hineinzuschauen.
Die Begegnungen sind szenischer aufgefasst. Sie mixt Zitate und Epochen, inszeniert Fiktives und Bestehendes neu. Immer sind zwei Figuren zu erkennen, wobei sich der Betrachter fragt, ob es wohl zwei Seiten eines einzigen Menschen sind. Es umgibt sie eine eigentümliche Stille, fast eine einsame Atmosphäre. Sie treten nicht miteinander in Kontakt und gehören doch unabdingbar zusammen, wie die Licht- und Schattenseiten in unserem Dasein. Oft blickt man wie durch einen Schleier auf die Darstellung. Mit wenigen Accessoires gelingt es, die Figuren in eine andere Zeit zu versetzen, z.B. ins 19. Jahrhundert. Die Farbigkeit und Atmosphäre transportieren eine Stimmung, die den Betrachter in diese Zeit hineinversetzt. Sie erzählen Geschichten und regen gleichermaßen wieder zur Innenschau an.
Die Serie der Multiplen Portaits setzt sich auf einer anderen Ebene mit der Vielschichtigkeit des Menschen auseinander. Hinzu kommt das Interesse der Künstlerin an den neuen visuellen Ausdrucksmöglichkeiten, die sich in einer aufwendigen Kombination aus Malerei, Fotografie und Computerbearbeitung zeigt. So wie das Facettenauge einer Fliege unterschiedliche Details wahrnimmt und zu einem Gesamtbild zusammensetzt, so kreiert auch Martina Ziegler neue An- und Einsichten weiblicher Porträts. Man mag sich zunächst an kubistische Bildauffassungen erinnert fühlen, die sie jedoch weiterführt und mithilfe vollkommen neuer Techniken zu ganz neuen Kreationen zusammenfügt. Immer vielschichtiger werden dabei ihre Menschenbilder, und dies nicht nur künstlerisch-technisch gesehen, sondern auch in ihrer Ausstrahlung.